Faust (RU 2011) DRAMA / LITERATURVERFILMUNG

In milchig gelb-grünen Bildern inszeniert der Formalist Sokurov die Begegnung von Faust und einem geheimnisvollen Seelen sammelnden Händler (eine hochinteressante Mephistopheles-Variation). Beide laufen durch diesen Film, ständig vertieft in einen energischen Dialog über den Ursprung aller Dinge und streifen so im Vorbeigehen alle wichtigen Szenen und Motive der Vorlage. Es gibt die Studentenfeier in Auerbachs Keller genauso wie den letztlichen Teufels-Pakt. Aber die eigentliche Energie gewinnt der Film aus der Freiheit seiner Umsetzung. Und gerade in dieser Freiheit zeigt sich, wie sehr Sokurov seine Vorlage zwar immer respektiert, aber ihr nie blind huldigt. So bewegen sich alle Figuren (darunter auch viele deutsche Darsteller, z.B. Hanna Schygulla und Florian Brückner) durch eine Welt, die eine aufregende Mischung aus mittelalterlichem Schmutz, vollgepackten Innenräumen und gewaltigen Naturaufnahmen ist. Wie gelassen und selbstverständlich Sokurov hier Künstlichkeit und Realismus in Einklang bringt, ist vielleicht die tollste Seherfahrung, die sein „Faust“ zu bieten hat. In diesem Film, der sich nicht scheut eine Sequenz in vielen obskuren Kamerawinkeln einzufangen, der zwischen Dialog und innerem Monolog, Traumsequenz und Todesfantasie hin- und herpendelt, entsteht eine fieberhafte, brütende Atmosphäre der Suche nach dem Kern allen Sinns und Daseins. Es bleibt Sokurovs Geheimnis, wie ihm das alles gelingt. Wie er eine derartige Stringenz schafft, obwohl ein solches Werk in jeder Sekunde auseinanderfallen könnte. Doch hier gibt es kein Suchen nach dem richtigen Ton oder Schnitt, alles ist hier ganz bei sich und der Vision eines ganz großen Kinokünstlers untergeordnet. kino-zeit.de

 

Eintritt: 4 €

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