La magie du pigment – Vom Zauber der Pigmente
Zeitgenössische Pastellkunst in Frankreich
23.02.2008 bis 01.06.2008
»Die Pastellmalerei ist in ein schiefes Licht geraten«, konstatierte der bekannte amerikanische Porträtkünstler und Pastellspezialist Daniel E. Greene im Vorwort zu seinem Pastellhandbuch, das 1974 bei Watson-Guptill in New York erschien. Dem ist ohne Zweifel zuzustimmen, wenn heute auch in einem ganz anderen, womöglich gegenteiligen Sinn. Hatte sich der Autor angesichts des weithin geschwundenen Interesses am Medium Pastell lediglich gegen eine einseitige Gleichsetzung mit lichten, duftigen Farben und die Vorstellung von einem nur sehr begrenzten Ausdrucksspektrum gewandt, so ist die Malerei in Pastell inzwischen längst zu einer bei Profikünstlern wie Amateuren gleichermaßen verbreiteten, fast schon populären Modeerscheinung geworden, die bis in den Bereich der Straßenmalerei reicht. Von einer »neuen Renaissance des Pastells« ist gar die Rede, und die Zahl von ausgewiesenen Pastellisten aller Couleur geht ins Unüberschaubare. Neben Frankreich, gewissermaßen dem Mutterland der Pastellmalerei als künstlerisch eigenständiger Technik, und – mit Einschränkung – Italien gilt dies vor allem für die angloamerikanische Kunstwelt, für die USA und Kanada, England, Neuseeland und Australien.
Ganz unabhängig davon, wie diese plötzlich so massiv einsetzende Rückbesinnung auf das Pastell, die vor allem in den letzten beiden Dezennien zu beobachten ist, zu bewerten sein mag, hat es immer künstlerisch herausragende Individualisten gegeben, die sich dem Pastell zugewandt haben, und zwar nicht nur, aber vor allem in Frankreich. Neben sentimentalisch-populären, virtuos abbildrealistischen Auffassungen, die unmittelbar dem 19. Jahrhundert oder gar noch älteren Vorbildern verhaftet bleiben, finden sich dabei auch sehr eigenständige, künstlerisch herausragende Sonderleistungen, die am Beispiel von acht ganz verschiedenen Haltungen erstmals in Deutschland in einer Gruppenschau als eine Besonderheit zeitgenössischer gegenständlicher Kunst in Frankreich vorgestellt werden.
Die ausstellenden Künstler
Ein besonderer Meister des Pastells, der spätestens Mitte der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts auf diesem Gebiet hervortrat, ist der Autodidakt François Barbâtre, geboren 1938 in Laval (Mayenne) und tätig in Paris. Er ist genauso hier zu bedenken wie eine Reihe weiterer Künstler von jeweils ganz entschiedener Eigenart, die insgesamt nicht weniger als drei Generationen umspannen und deren Schaffen auf das Engste mit dem zeitgenössischen Pastell verbunden ist. Der älteste von ihnen ist der Lyoneser Jacques Truphémus, geboren 1922, der jüngste Yves Crenn, geboren 1969 und tätig in Rouen. Pierre Édouard ist Jahrgang 1959 und damit ebenfalls noch vergleichsweise jung. Die übrigen Künstler sind alle zwischen 1936 und 1945 geboren, können also auf einen inzwischen bereits relativ langen Schaffenszeitraum verweisen. Einige wie François Barbâtre oder auch Jean-Pierre Le Bozec (geboren 1942 und tätig in Rennes) arbeiten seit Jahren fast nur in Pastell, andere wie Philippe Garel (geboren 1945) oder Gérarddiaz (geboren 1938), der eine ein Bretone, der andere gebürtig aus Mostaganem in Algerien, nutzen dagegen ein deutlich breiter gefächertes Spektrum an künstlerischen Techniken.
Traditionelle Auffassungen stehen neben einer eher modernen, die sich im Kontext der Spurensicherung bewegt, betont malerische Lösungen neben einem streng zeichnerischen Herangehen. Jeder der vertretenen Künstler erweist sich letztlich als je ganz eigener Individualist. Sie bilden keine einige Gruppe, und über ihre prinzipielle Bindung an eine mehr oder weniger klar ausformulierte sichtbare Gegenständlichkeit wie dezidierte Zeitgenossenschaft, die sich wiederum auf jeweils besondere Weise in den Werken manifestiert, haben sie wenig gemein. Am ehesten noch fügen sich vielleicht jene zu einem Bund, die an der gleichen Kunstakademie in Rouen im Lehrbetrieb waren oder aber dort studiert haben wie Philippe Garel, Gérarddiaz und Yves Crenn. Doch nicht nur in ihrer zugrunde liegenden künstlerischen Konzeption unterscheiden sich die Maler, sondern auch in den bevorzugten Bildmotiven. Pierre Édouard etwa ist auf die menschliche Figur fixiert, François Barbâtre allein auf das Stillleben, Denis Rivière (geboren 1945) indes ist ein ausgewiesener Wolkenspezialist. Eines jedoch verbindet sie alle: das Streben nach einer vollendeten künstlerischen Formulierung ihrer eigenen, ganz persönlichen Sicht der Welt – und höchste Virtuosität wie Meisterschaft in der Handhabung des Pastells.
Zur Ausstellung erschien ein repräsentativer Katalog.