Jiri Anderle - Formen, Metamorphosen, Dialoge
Malerei und Grafik
17.08.1996 bis 10.11.1996
Das künstlerische Werk des in Prag lebenden Malers, Grafikers und Zeichners ist im aktuellen Kunstgeschehen wohl gerade deshalb von besonderem Gewicht, weil es nicht auf feststehende Werte, Welthaltigkeit und einen menschlich tieflotenden Realitätsbezug verzichtet. Vielmehr spricht aus ihm das stete Bemühen, die gesamte weitgespannte Komplexität individuellen wie gesellschaftlichen Daseins adäquat in zuweilen lyrische, oftmals jedoch mahnende, streng archetypisch verallgemeinerte Bildkosmogonien zu verdichten. Im Versuch, das Wesen menschlicher Selbstbehauptung zu ergründen, findet er immer wieder zu existentiellen Grenzsituationen des Verhaltens, bei denen weder ungelöste Widersprüche noch Konflikte oder scheinbar unvereinbare Gegensätze ausgespart bleiben. Resignation und Verzweiflung angesichts der fortgesetzten Perversion der Macht sind dabei ebenso von Belang wie Hoffnung und bange Zuversicht in die Größe des menschlichen Geistes, der sich im Streben um die Bewahrung humanistischen Denkens und Handelns über alle Grausamkeit, Aggression und Gewalt zu behaupten versteht.
Das Spektrum möglicher Ausdrucksvarianten dieser tiefernsten, sinnstiftenden Vorstellungswelt reicht von unmittelbar realistischer Gegenständlichkeit bis zur expressiven Abstraktion einer rein imaginativen Figuration. Von Anbeginn sind beide Pole künstlerischer Gestaltung mehr oder weniger deutlich in seinem Werk angelegt, auch wenn die frühen Radierungen der sechziger Jahre noch primär flächig-linear ausgeprägt erscheinen. Es gehört zu den wesentlichen Charakteristika dieser Kunst, dass sie diese vielfach dramatische Spannung von metaphorisierender Realitätssicht und struktureller Phantasmagorie in einem schlüssigen Gesamtkonzept zu halten vermag. (Rudolf Kober)