Cécile Reims. D´après Hans Bellmer
11.11.2017 bis 18.02.2018
Zwischen 1967 und 1975 entwickelte die Kupferstecherin Cécile Reims mehr als zweihundert druckgrafische Interpretationen nach Zeichnungen von Hans Bellmer. Die Ergebnisse der in Deutschland kaum beachteten fruchtbaren Zusammenarbeit zwischen Bellmer und Reims stellt das Panorama Museum Bad Frankenhausen mit einer Übersichtsschau vor, in der ein großer Teil des Konvoluts d´après Hans Bellmer zu sehen sein wird, ergänzt durch eigenständige Kreationen von Reims, die die Kollaboration in ihrem Kontext erfahrbar machen.
Cécile Reims, 1927 als Tsila Remz in Paris geboren, absolvierte ihre Ausbildung als Kupferstecherin im Paris der späten vierziger Jahre und übernahm die Aufgabe, Hans Bellmers Zeichnungen auf die Druckplatte zu übertragen, vermittelt durch den surrealistischen Verleger Georges Visat. Bis zu Bellmers Tod im Jahre 1975 übersetzte sie Einzelblätter und ganze Serien in die Druckgrafik, etwa Petit Traité de morale (1968), Les Marionnettes (1969, Illustrationen zur Erzählung von Heinrich von Kleist), Les Chants de Maldoror (1971, zum Text des Comte de Lautréamont), Unterweisungen der Sexualität I und II (1972), Les Anagrammes du corps (1973) oder Miroir des songes I und II (1974).
Hans Bellmer begann seine künstlerische Laufbahn in den zwanziger Jahren als Gestalter beim Malik-Verlag. 1934 publizierte er sein Schlüsselwerk Die Puppe im Eigenverlag und in der surrealistischen Zeitschrift Minotaure. Er stellte erotische, verstörende Fotografien von Puppen vor, die er aus Teilen von Schaufensterpuppen, Holz, Metall und Gips montiert hatte, und präsentierte die Motivwelt, die für sein Schaffen bis zuletzt zentral sein sollte.
Spätestens mit seiner Emigration im Jahr 1938 wurde Bellmer in den Kreis der Pariser Surrealisten um André Breton aufgenommen; zu Beginn des Zweiten Weltkrieges als Deutscher interniert, arbeitete er im Lager Les Milles eng mit Max Ernst zusammen. Die Zeichnung entwickelte sich zu seinem bevorzugten Medium, mit dem er sich dem Unterbewussten, der sexuell aufgeladenen Imagination widmete und zum Mitbegründer des fantastischen Realismus reifte. Seine filigranen, geschwungenen Linien setzte Reims meisterhaft in die Druckgrafik um. Die in eigenen Serien wie Les Métamorphoses (1957-58, Illustrationen zu Ovid, publiziert 1959) erprobte klare Linienführung entfaltet auf den Blättern nach Bellmer ihre Kraft: Gliedmaßen winden sich umeinander, Gesichter werden zu Architektur, roboterartige Marionetten erwachen zum Leben, ein Torso blättert sich Schicht um Schicht bis auf die Organe auf. Frauenkörper, transsexuelle Körper, zerlegte Körper, bloßgelegte Körper, sie alle bestimmen Bellmers Bildwelt.
Noch während der Zusammenarbeit mit Bellmer begann Reims, die Arbeiten anderer Künstler in die Druckgrafik zu überführen, allen voran Leonor Fini und Fred Deux, mit dem sie als Lebenspartnerin bis zu seinem Tode eng verbunden war. Gleichzeitig schuf sie regelmäßig Naturstudien und fertigte seit 1998 zahlreiche eigene Serien an, zuletzt L´Élan vital (2010-11, publiziert 2013), wunderschön poetische Kupferstiche, die bis in die Zellstruktur von Pflanzen vordringen.
Die Ausstellung wurde mit freundlicher Unterstützung durch das Musée de l´Hospice Saint-Roch, Issoudun, Frankreich, realisiert.
Vom 8. November bis 2. Dezember 2017 ist in der Librairie Arthaud in Grenoble eine kleine Ausstellung mit Werken von Cécile Reims zu sehen.